Die kuriose Geschichte der Insel Sant’Angelo della Polvere und seiner freizügigen Nonnen

Francesco Guardi 1765

Die Insel Sant’Angelo della Polvere (ursprünglich Sant’Angelo di Concordia, geändert in Sant’Angelo di Contorta und Sant’Angelo di Caotorta) ist eine Insel in der Lagune von Venedig, im Kanal von Contorta, unweit von Giudecca und der Insel San Giorgio in Alga.

Sie ist in Staatsbesitz, hat eine Fläche von 0,53 Hektar und besteht aus vier Gebäuden.

Seit dem Jahr 1060 befanden sich hier eine Kirche und ein Kloster, das zunächst von den Benediktinern bewohnt wurde, die später von den Franziskanern abgelöst wurden. Diese benannten die Kirche nach dem Erzengel Michael, daher der Name Sant’Angelo.

Ihren heutigen Namen erhielt die Insel im Jahr 1555, als der Senat der Serenissima beschloss, sie wegen der schlechten Luft zu evakuieren und dort ein Pulvermagazin einzurichten. Am 29. August 1689 schlug ein Blitz in das Lager ein und die Explosion zerstörte fast den gesamten Komplex.

Die Insel war mehrere Jahrzehnte lang verlassen, doch auf Karten aus dem 18. Jahrhundert sind noch einige militärische Anlagen zu erkennen. Eine militärische Funktion behielt die Insel bis zum Zweiten Weltkrieg. Seitdem ist sie völlig verfallen.

In anderen Artikeln habe ich die touristischen Inseln von Murano und Burano beschrieben. Alle diese Inseln sind bei Touristen beliebt und einen Besuch wert, wenn du mehr als ein paar Tage in Venedig verbringst und noch nie dort gewesen bist.

Aber es gibt noch andere, weniger bekannte Inseln in der venezianischen Lagune, die aus verschiedenen Gründen verlockend sein können. Zusätzlich zur Insel Sant’Angelo della Polvere findest du hier weitere vier kaum bekannte Inseln der venezianischen Lagune, die noch als Geheimtipp gelten.

Die Geschichte der Insel Sant’Angelo della Polvere

Die Insel Sant'Angelo della Polvere in der venezianischen Lagune
Die Insel Sant’Angelo della Polvere in der venezianischen Lagune. Bild von Leonardo, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.

Archäologische Ausgrabungen belegen, dass die heute als Sant’Angelo della Polvere bekannte Insel schon in der Antike bevölkert war und höchstwahrscheinlich keine Insel war, sondern zum Festland gehörte.

Die ersten schriftlichen Belege stammen aus dem Jahr 1060, als auf Initiative des Dogen Domenico Contarini eine Kirche und ein Benediktinerkloster auf der Insel gegründetwurden. Die Mönche, die dem Heiligen Nikolaus von Lido unterstanden, wurden später von Nonnen abgelöst, die den heiligen Ort nach dem Erzengel Michael benannten, daher der Name der Insel.

Auf der Insel lebten zunächst Benediktinermönche und später Benediktinernonnen. Die Benediktinerinnen mussten wegen ihrer Freizügigkeit die Insel verlassen und nach Giudecca ziehen. Ab 1518 wurde der Komplex den Karmelitinnen der Kongregation von Mantua und Brescia anvertraut.

Die Karmelitinnen der Kongregation von Mantua, die sich in Venedig niederlassen wollten und das verlassene Kloster völlig verödet zurückließen, erwarben es 1518 von den Nonnen, die inzwischen im Kloster Santa Croce in Giudecca untergebracht waren. Die einzige Bedingung war, dass sie jedes Jahr an den beiden Feiertagen zur Erinnerung an die Entdeckung und an die Erhöhung des Heiligen Zreuzes eine weiße Wachskerze anzündeten. Dieses Zugeständnis wurde von Papst Clemens VII. in seinem Apostolischen Schreiben vom 24. Dezember 1526 festgehalten.

Die Karmelitinnen lebten etwa 36 Jahre lang an diesem armen und abgelegenen Ort. 1555 entschied die Verwaltung der Serenissima, dass auf der Insel, die so weit von der Stadt entfernt war, Schießpulver für die Artillerie hergestellt werden sollte. Die Karmelitnonnen zogen dann auf die Insel Giudecca um, in ein kleines, verfallenes Kloster, das sie auf dem Monte dei Corni erworben hatten.

Die Kirche, die im Volksmund wegen einer antiken, in Marmor gehauenen Engelsfigur an der Außenfassade St. Angelo genannt wird, wurde 1600 renoviert und am 20. November desselben Jahres von Raphael, dem Bischof von Zakynthos, zu Ehren und unter dem Titel Jesus Christus, unserem Erlöser, geweiht.

Die verführerischen Nonnen von Sant’Angelo della Polvere

Es gibt viele seltsame Geschichten in Venedig, aber eine der seltsamsten hat mit einem Nonnenkloster auf der Insel Sant’Angelo della Polvere zu tun. Es ist, oder besser gesagt, es waren die Nonnen des Benediktinerordens. Diese Gemeinschaft von Nonnen lebte auf der Insel, die heute Sant’Angelo della Polvere heißt. Der besondere Name dieser Insel rührt daher, dass sie nach einem Kloster benannt wurde. Ab dem 16. Jahrhundert wurde dieser Ort nämlich in ein Pulvermagazin – darum: della Polvere – der Serenissima umgewandelt. Aber warum wurden die Nonnen vertrieben? Die Chroniken der damaligen Zeit erzählen diese Geschichte sehr detailliert.

Es gab nämlich eine Zeit, in der die Ehefrauen der Fischer von Pellestrina und Malamocco einen plötzlichen Rückgang ihrer Fänge bemerkten. Die Fischer breiteten ihre Arme weit aus und sprachen von einer schlechten Saison. Doch die Frauen hatten sofort einen Verdacht und wollten der Sache auf den Grund gehen. Deshalb gingen sie zu einem Magistrat der Republik und erklärten ihre Befürchtungen. Verdeckte Ermittler folgten daraufhin den Booten der Fischer bei ihrer täglichen Arbeit.

Die Ermittler entdeckten bald, dass alle Boote, die vom Hochseefischen zurückkehrten, seltsamerweise bei der Insel Sant’Angelo anhielten. Nach näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass die Fischer den Nonnen einen Teil ihres Fangs im Austausch für sexuelle Dienste anboten. Es hieß auch, dass die Nonnen aus den Fenstern des Klosters schauten und den vorbeifahrenden Fischern ihre “Gnaden” zeigten, um sie zum Anhalten zu bewegen.

Erst 1474 erfuhren die religiösen Autoritäten vom Umtreiben der Nonnen. Selbst der Papst sah sich gezwungen, in das Geschehen einzugreifen. So erließ Sixtus IV ein päpstliches Dekret, in dem er den Benedektinerinnen im alten Kloster Sant’Angelo auf der Insel Contorta, wie Sant’Angelo della Polvere damals noch hieß, befiehl, in den Benediktinerkloster Santa Croce della Giudecca zu ziehen. Somit konnten die Nonnen besser bzw. überhaupt kontrolliert werden.

Als jedoch die Prälaten, hohe geistliche Würdenträger, auf die Insel eintrafen mit dem Auftrag, die Nonnen nach Giudecca zu überführen, wollten die Nonnen nichts davon wissen und bewarfen die Prälaten mit Steinen.

Dies erforderte das Eingreifen der Kürassiere, mit Brustpanzern ausgestattete Mitglieder der schweren Kavallerie, denen es gelang, das Gebäude unter einem Steinregen zu stürmen. Die Nonnen wurden vertrieben und in Klöster im Landesinneren verstreut. Die Insel wurde beschlagnahmt, umgenutzt und erhielt ihren heutigen Namen.

Vor ein paar Jahren gab es bei archäologischen Ausgrabungen auf der Insel Stan’angelo della Polvere eine weitere Bestätigung für diese Geschichte. In einem alten Brunnen wurden unzählige Austernschalen gefunden. Austern waren zur damaligen Zeit sehr teuer und gehörten sicher nicht zum typischen Speiseplan der Nonnen. Das sprach für die Annahme, dass die Fischer den Nonnen den besten Fang zum Verzehr überlassen hatten. Doch von dieser seltsamen Geschichte ist heute nur noch Staub und die Einträge in den Stadtbüchern übrig.

So erreichst du die Insel Sant’angelo della Polvere

Die Insel Sant'Angelo della Polvere in der venezianischen Lagune
Die Insel Sant’Angelo della Polvere in der venezianischen Lagune

Da die Insel sehr klein und komplett verlassen ist, gibt es keine Haltestelle der Vaporetti dort. Die einzige Möglichkeit, die Insel Sant’angelo della Polvere zu erreichen, ist auf eigene Verantwortung mit einem eigenen Boot oder in einem Wassertaxi.

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